Montag, 19. September 2016

Ende g(H)ut, alle gut!!

Ich hab es ja unbedingt in meinem letzten Blogbeitrag (gibt's da eigentlich eine Szenwort dafür? Blogling? Blogerl?) vollmundig ankündigen müssen: einen Hutbeitrag! Also legen wir los:

Hüte sieht man auf Abbildungen bei Männern der erste Hälfte des 14.Jhdt. eigentlich immer. Na, fast immer. Auf jeden Fall oft. Und in sehr vielen der Immer-fast-oft-Fälle ist es der aus Film- und Fernsehen so bekannte Robin-Hood-Hut. Ein einfacher Hut mit runder Kalotte und hochgebogener Krempe im hinteren Bereich der dann vorne spitz zuläuft. Robin-Hoodig halt. So wie der richtige, coole "HaHa!" Robin Hood mit Errol Flynn jedenfalls. Nicht wie der peinliche Hutverweigerer Kevin Kostner oder der Freiheitsschwafler par excellence, Russel Crowe. Alles hutloses Pack.

Nein, Errol Flynn .. das war einer. Frauenheld, Trinker, Kettenraucher, Raufhansl und er war ... Hut? Ach ja, es geht um Hüte!

Voll der junge Errol Flynn, oder? Na gut der mittelalte ... aber immerhin


Eine sehr frühe Abbildung dieser ab 1300 ungeheuer beliebten Hutform findet sich z.B. in einem französischen Lancelot-Zyklus (MS. Ashmole 82) der zu Beginn des 14.Jahrhunderts entstanden ist: 


Nimmt man sich jetzt frühe Abbildungen von Hüten als Vorlage heran so erkennt man schnell, dass der wettertaugliche, breitkrempige Reisehut wohl als legitimer Vorfahre dieser Hutvariation gelten kann:

Pilger mit Reisehut um 1250 (MS Ee.3.59)

Mit dem Verlauf des 13.Jahrhunderts werden die Abbildungen solcher Hüte dann häufiger, das mag wohl dem Wetter und einer zunehmenden Reisetätigkeit geschuldet sein, bis dann um 1300 die hochkomplexe Modentwicklung eintritt die zur Ausformung des "Robin Hood"-Hutes führt (nennen wir ihn aber lieber "Spitzhut" oder von mir aus "Bycocket", dann haben wir den armen Robin nicht dauernd zu bemühen).

Eine modische Weiterentwicklung sinnvoll zu dokumentieren ist natürlich eine wahrhaft herkulische Aufgabe die mit schlichten Worten gar nicht so leicht zu bewerkstelligen ist. Daher habe ich mir den Aufwand gegönnt das Ganze als Bildstrecke für euch herauszuarbeiten. Sollte diese Erklärung nicht ausreichend sein oder falls ich dabei, als ins Thema Eingearbeiteter zu schnell vorgehen bitte ruft laut "Hilfe" oder "Stop" oder "Buttermodel" ... oder so:


 Ok, ich geb zu das war jetzt ziemlich fordernd. Vielleicht sollte ich es mit einem Video versuchen? Oder noch besser, mit einer Masterarbeit mit dem Titel "Taktilkontrollierte Neukrempierung von mittelalterlichen Reisehüten unter Beihilfe der oberen Extremitäten"?

Naja, jedenfalls könnte es also durch hochgotische Nackenschweißvermeider gegen Ende des 13.Jahrhunderts dazu gekommen sein, dass die besagte Hutmode entstand.

Weiterentwicklungen erfolgten natürlich auf dem Fuße. So wurden die Hüte z.B. immer spitzer (wie bei diesem zu Übertreibung neigenden wandernden Kesselflicker aus dem Lutrell-Psalter um 1330):


Eine andere Möglichkeit wäre das hinzufügen eines kontrastierenden Innenfutters, das erhöht den Tragekomfort und macht ein gleich viel eleganteres Hütchen:

Diverse Spitzhutabbildungen um 1350

Das waren dann so in etwa die Grundlagen die ich für meine Rekonstruktion heranziehen konnte. Also ließ ich mir von einer lieben Freundin, der Steffi, einen entsprechenden Hut machen. Pflanzengefärbt (Indigo+Wau) und handgefilzt. Ein wirklich schönes Stück.

Und der lag dann herum ... irgendwie war ständig was Anderes das sich auf der Liste nach oben strudelte. Irgendwann fand ich dann ein herrliches Stück goldgelb gefärbte Seide (vermutlich Kreuzdorn) und fütterte das gute Stück. Dann lag es wieder rum.

 
Angetan von den Villacher Goldhaubenfunden wollte ich auch sehr gerne mal was mit Goldlahn machen. Hab ich dann auch. Nämlich eine Krempenrandeinfassung:


Und eine Feder wollt ich auch! Hatte der Robi ... egal. Feder! Aber die meisten der Abbildungen zeigen: Keine Feder! Na geh.

Also mal wieder Bildrecherche und siehe da, das eine oder andere Federchen ließ sich doch finden:

Fremdfedergeschmückte Jungs um 1350
 
Die Federn jetzt einfach mit den Kielen in den schönen, steffschen Hut zu wurschteln schien mir jetzt aber arg brutal und daher nahm ich mir eine recht weit entfernte Anleihe an Helmtüllen an Beckenhauben des 14.Jahrhunderts und machte mir eine Tülle für meine Federn:


Damit ist mein Hütchen (Nein, ich habe keinen Hutfetisch! 8 mittelalterliche Hüte sind echt nicht bedenklich, sagt mein Suchtberater) auch so weit tragbar. eventuell mach ich noch ein bisserl was Goldlahn an die Seiten, mal sehen ...

Ach ja, das kleine goldene "N" an den Federn .. das ist so ein kleiner Tick der mir kam als ich in einer zeitlich passenden Luxusvorschrift gelesen hab, dass man seine Initialen auf der Kleidung trug. Also hab ich mir ein vergoldetes "N"iklas besorgt und verwende es jetzt als Federgruppierer. (Ich hab mich für Pfau und Fasan entschieden, wenn ich noch was anderes auftreiben, kann ich, dank meiner Tülle, ja auch leicht tauschen. Gefärbte Federn wären da so eine Idee die in mir herumspukt)


Also Fazit: Toller Hut, schöner Mann .. und Gold. Herz, was willst du mehr?